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Sexuelle Übergriffe aus dem Internet: Eltern schätzen die Gefahren falsch ein

Entgegen der Annahme von Eltern geben sich Täter im Internet selten selbst als Teenager aus, um an Jugendliche heranzutreten. Die Täter suchen sich als Erwachsene Kinder, die bereit sind, mit ihnen online zu kommunizieren, obwohl sie Fremde sind. Sie gewinnen deren Vertrauen und treffen sich in der Mehrzahl der Fälle dann öfter mit ihren Opfern, bis sie schließlich einen Übergrff unternehmen...

Viele Eltern gehen davon aus, dass entsprechend veranlagte Erwachsene sexuelle Annährungen an Jugendliche über das Internet versuchen, indem sie sich selbst als Teenager ausgeben und in Internetplattformen für Jugendliche bewegen. Amerikanische Forscher sind jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass pädophile Erwachsene sich als erkennbar volljährige Person relativ unverhohlen über sexuelle Themen äußern, wie zum Beispiel dem Wunsch nach einer sexuellen Begegnung. Entgegen den Sorgen von Eltern entdeckten die Wissenschaftler auch kein größeres Risiko in sozialen Netzwerken im Internet wie Facebook oder MySpace. Überraschenderweise glauben die Teenager - in der Mehrzahl Mädchen – laut eigenen Aussagen häufig, dass es sich um eine Romanze handelt und sie sich in die Kontaktperson verliebt hätten.

Am Anfang steht riskantes Verhalten von Jugendlichen Dr. Janis Wolak vom Forschungszentrum Gewalt gegen Kinder an der Universität von New Hampshire in Durham erklärt: "Vor allem weil soziale Internetnetzwerke populär wurden, denken viele Leute, dass diese Täter die Informationen dort benutzen, um an ihre Opfer heranzutreten. Wir können dies aufgrund unserer Untersuchungen jedoch nicht bestätigen." Stattdessen sei in den meisten Fälle riskantes Verhalten im Internet der Auslöser für Übergriffe, wie z.B. wenn Teenager sich mit Fremden über Sex austauschen. „Wir haben überwiegend Teenager beobachtet, meistens 13 bis 15 Jahre alte Mädchen, die direkt von Erwachsenen auf Sex angesprochen werden."

Täter gewinnt erst das Vertrauen des OpfersDr. Janis Wolak und ihre Kollegen kamen aufgrund der Auswertung von Telefon-Interviews mit 3.000 Internetnutzern im Alter von 10 bis 17 Jahren zu diesem Ergebnis. Die Befragungen wurden 2000 und 2005 durchgeführt. Die Forscher interviewten zusätzlich auch mehr als 600 Vertreter von öffentlichen Einrichtungen, die sich mit sexuellen Übergriffen beschäftigen, wie Richtern, und sammelten Fakten von ähnlichen Studien.
Demnach gaben nur 5% der Täter vor, selbst Teenager zu sein. Die Wissenschaftler fanden auch heraus, dass die Opfer sich mit den Tätern in beinahe 75% der Fälle mehr als einmal trafen und diesen damit mehr als einmal Gelegenheit für Übergriffe gaben. Laut Dr. Wolak benutzen die „Online“-Täter unmittelbare Mitteilungen, wie E-Mail und Chat-Rooms, um mit ihren Opfern "Dates" zu vereinbaren und vertraute Beziehungen zu ihren Opfern zu entwickeln." Die Untersuchungen zeigten, dass die Opfer meist glauben, dass es sich um Liebe oder einen Flirt handelt.

Opfer haben gegenüber Fremden wenig ScheuDr. Wolak warnt davor, dass Teenager, die riskantes Verhalten im Internet aufweisen auch eher zum Ziel von Tätern werden. Dazu gehören beispielsweise Verteiler-Listen, die auch Fremde einschlossen, sexuelle Diskussionen mit Fremden, unhöfliche und obszöne Äußerungen im Netz. Ein einheitliches Merkmal aller Täter war es laut Dr. Wolak, dass die Täter es vor allem auf Kinder abgesehen haben, die bereit sind, mit ihnen online zu kommunizieren. Die meisten Kinder sind dies normalerweise nicht. Die Wissenschaftler vertreten die Meinung, dass es nicht reicht, wenn offizielle Stellen versuchen einzugreifen, um Kinder im Internet vor Übergriffen zu schützen. Auch Eltern und Jugendliche müssten wissen, wo die Gefahren lauern.