In Deutschland werden seit über fünf Jahren wieder mehr Kinder geboren. Vor allem in den großen Städten steigen die Geburtenraten. Gleichzeitig bluten bestehende Kinderkliniken finanziell aus oder werden sogar geschlossen. Eine Studie des Ceres- Instituts an der Kölner Universität hat die Qualitätseinbußen der spezialisierten Abteilungen nun bestätigt.
Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte nahm heute in Köln Stellung zu der Ceres-Studie: "Wir spüren schon heute deutlich den Mangel in den Kliniken. Intensivstationen müssen Betten still legen. Schwer kranke Kinder und Jugendliche werden von einer Klinik zur anderen transportiert, um ein freies Intensivbett zu bekommen. Es kommt heute schon vielfach vor, dass uns Kinderkliniken schwerkranke Kinder und Jugendliche, die wir ambulant nicht mehr versorgen können, nicht mehr abnehmen. Jetzt naht wieder die Infektsaison. Kinder und Jugendliche mit schweren Atemwegsinfekten, die eine Intensivbehandlung brauchen, die etwa künstlich beatmet werden müssen, werden teilweise dann kein Krankenhausbett in Wohnortnähe finden. Teilweise fehlen sogar schon Betten in der stationären Regelversorgung, weil es an Pflegepersonal mangelt. Dies wiederum hat vor allem mit dem Pflegenotstand aufgrund der schlechten Bezahlung dort zu tun.
Mittelfristig bedroht der ökonomische Notstand der Kinderkliniken unser gesamtes kinder- und jugendärztliches Versorgungssystem. Wir haben mehr Kinder und auch mehr chronisch kranke Kinder. Gleichzeitig haben wir eine dramatische Unterversorgung mit Kinder- und Jugendärzten. Vielerorts finden Eltern keinen Pädiater mehr für ihre Kinder. Dies liegt auch daran, dass uns der Nachwuchs fehlt. Bevor sich Kinder- und Jugendärzte in einer Praxis niederlassen, lernen sie fünf Jahre lang ihr Fach an einer Kinderklinik. Je größer jedoch in den Kinderkliniken der Spardruck wird, desto schlechter wird dort ausgebildet. Und je mehr Kinderkliniken schließen, desto weniger Nachwuchs wird dort ausgebildet. Wir brauchen aber gut ausgebildete und auch mehr junge Kinder- und Jugendärzte, die in der Lage sind, Kinder und Jugendliche ambulant bestmöglich zu versorgen.
In den nächsten fünf Jahren werden rund ein Viertel aller Kinder- und Jugendärzte in den Ruhestand gehen, der derzeitige Babyboom hält voraussichtlich und erfreulicherweise dank Elterngeld, besserer Betreuungsmöglichkeiten und allgemein wachsender Kinderfreundlichkeit der Gesellschaft weiter an. Wir brauchen also deutlich mehr Kinder- und Jugendärzte als heute. Und diese Kinder- und Jugendärzte müssen umfassend und gründlich ausgebildet werden, damit möglichst viele und auch chronisch kranke Kinder ambulant medizinisch umfassend versorgt werden. Noch ist die Kinder- und Jugendmedizin an vielen Klinikstandorten gewährleistet, aber die Verschlechterungstendenzen sind deutlich zu sehen. Hier muss die Politik schnellstmöglich gegensteuern. Kinderkliniken dürfen nicht weiter finanziell ausbluten. Sie brauchen eine Finanzierungsgrundlage, die den tatsächlichen Behandlungsaufwand adäquat abbildet. Sie müssen in der Lage sein, schwerkranke Kinder und Jugendliche bestmöglich medizinisch zu versorgen und unseren Nachwuchs auszubilden."
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