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Stress in der Schwangerschaft kann das spätere Allergierisiko des Kindes erhöhen

Stress während der Schwangerschaft kann sich von der Mutter auf den Fötus übertragen und dadurch die spätere Allergieneigung des Kindes erhöhen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle wissenschaftliche Untersuchung, die kürzlich auf der Jahreskonferenz der American Thoracic Society in Toronto vorgestellt wurde...

Beziehungsstress und Streitigkeiten innerhalb der Familie sowie finanzielle und krankheitsbedingte Sorgen während der Schwangerschaft belasten nicht nur die werdende Mutter, sondern können offenbar auch den Fötus schädigen, so eine aktuelle Studie. Nach dem Auftreten solcher Stressoren steigt - wie Rosalind Wright und Junenette Peters von der Harvard Medical School in Boston in ihrer Untersuchung mit 387 Neugeborenen und deren Müttern aufgezeigt haben - die Menge der so genannten IgE-Antikörper im Nabelschnurblut messbar an. Diese Antikörper sind ein deutlicher Hinweis auf ein erhöhtes Risiko des Kindes, später einmal eine allergische Erkrankung oder auch Asthma zu entwickeln. Es war bereits bekannt, dass Antikörper der Mutter während der letzten drei Schwangerschaftsmonate beginnen, über die Nabelschnur zum Fötus zu wandern, so dass sich dessen Immunsystem langsam aufzubauen beginnt. Jetzt wurde gezeigt, dass sich Stress bei Schwangeren auf diesen Aufbau des Immunsystems direkt negativ auswirken kann. Je höher die Stressbelastung während der Schwangerschaft, umso mehr IgE-Antikörper werden im Nabelschnurblut nach der Geburt gefunden und umso größer ist die Wahrscheinlichkeit einzuschätzen, dass das betroffene Kind später eine Allergie entwickeln wird.

Überempfindlichkeit gegenüber Hausstaub gesteigertNeben der Belastung durch verschiedene Stressfaktoren haben Wright und Peters auch die Staubbelastung der Schwangeren in ihrem Zuhause ermittelt - bzw. die pro Haushalt auftretenden Mengen an Hausstaubmilben, die zu den häufigsten Allergieauslösern gehören. Dabei stellten sie fest, dass der negative Einfluss von mütterlichem Stress auf das Abwehrsystem des heranwachsenden Kindes selbst dann deutlich ausgeprägt war, wenn die häusliche Staubbelastung der Mutter eher gering ausfiel. Das könnte darauf hinweisen, dass Stress die Immunantwort auf Allergieauslöser wie Hausstaubmilben steigert und somit das Risiko für die Entwicklung einer Überempfindlichkeit bzw. Allergie erhöht. Beispielsweise ist dieses Allergierisiko bei Kindern von Müttern, die drei ausgeprägte Stressphasen während der Schwangerschaft durchmachen, bereits um 12 Prozent erhöht. Entsprechend schlimmer dürfte sich chronischer Stress auswirken.

Soziale Form der LuftverschmutzungIm Hinblick auf die aktuellen Studienergebnisse lässt sich Stress in der Schwangerschaft quasi mit Luftschadstoffen vergleichen, die - wenn sie von Schwangeren eingeatmet werden - den Fötus und sein sich entwickelndes Immunsystem schädigen. Deshalb bezeichnen die Forscherinnen Stress als eine soziale Form der Luftverschmutzung, die sich während der Schwangerschaft direkt auf das Kind auswirken und dessen Immunsystem dauerhaft Schaden zufügen kann. Möglicherweise führt psychischer Stress über bestimmte molekulare Mechanismen auf der Zellebene dazu, dass die Zellen empfindlicher oder durchgängiger werden, so dass sich letztendlich eine Überempfindlichkeit gegenüber harmlosen Stoffen - das heißt eine Allergie - entwickelt. Somit kann eine Neigung zu Allergien nicht nur vererbt werden, sondern auch durch äußere Faktoren mitbestimmt werden.

Entspannung zur Allergievorbeugung Auf dem jetzigen Stand der Forschung dürfte das bewusste Meiden bekannter Schadstoffe und Allergieauslöser oder auch von übertriebener Hygiene nicht ausreichen, wenn Schwangere die Wahrscheinlichkeit für eine spätere Allergie bei ihrem Kind senken wollen. Vielmehr sollten Schwangere auch darauf achten, sozialen Stress und Sorgen bewusst und so gut wie möglich zu vermeiden. Im Fall von auftretendem Stress empfiehlt es sich Entspannungsübungen wie Yoga oder autogenes Training zu machen, um ein erhöhtes Allergierisiko für das Kind abzuwenden.