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Teenager: Risikoverhalten ist mit Lernprozess verbunden

Jugendliche haben tendenziell in unserer Gesellschaft einen schlechten Ruf, und dies vielleicht zu Recht. Im Vergleich zu Kindern oder Erwachsenen neigen Jugendliche eher zu riskantem Verhalten, zu Alkoholexzessen, Drogenkonsum, ungeschütztem Sex, kriminellen Aktivitäten und zu Rücksichtslosigkeit. Verletzungen und Todesfälle in dieser Altersgruppe wären häufig vermeidbar und sind oft selbst verschuldet. Eine amerikanische Forschergruppe glaubt nun die Ursache dafür gefunden zu haben: Teenager lernen mithilfe dieser Verhaltensweisen schneller.

Dieses experimentelle Verhalten beschleunigt demnach den Erfahrungsprozess in dieser Altersgruppe. Dies konnten die Wissenschaftler im Rahmen eines Versuchs zeigen.

Eine Gruppe von 101 älteren männlichen Heranwachsenden wurden zufällig ausgewählt, um bei einem psychologischen Testspiel (Iowa Gambling Task) mitzumachen. Bei dem Spiel sollten Entscheidungen entweder allein oder im Beisein von Altersgenossen getroffen werden. Es gab vier Stapel mit Karten: Zwei Stapel lieferten erfolgreiche Karen, die langfristig Gewinn versprachen, während die beiden anderen "Pech"-Stapel die entgegengesetzte Wirkung hatten. Ein Spieler sollte Karten aus einem Stapel wählen und sie weitergeben oder mit ihnen spielen. Mit der Zeit erkannte er, welche Stapel günstig waren und welche nicht, um schließlich nur mit den Karten von den „Glücks“-Stapeln zu spielen.

Mit Gleichaltrigen wird die Umwelt schneller „ausgelotet“

Die Studie, die im „Journal of Research on Adolescence“ veröffentlicht wurde, fand heraus, dass Probanden, die in Gegenwart von anderen Jugendlichen spielten, zu mehr Risiken bereit waren, als wenn sie alleine spielten. Unter der Beobachtung ihrer Altersgenossen bekamen sie auch schneller heraus, welche Stapel einen Gewinn begünstigten, und vermieden in der Folge die Stapel mit den schlechten Karten. "Risikobereitschaft an und für sich ist nicht schlecht, und das Eingehen von Risiken ist eine Methode, mit der wir mehr über unsere Umgebung lernen", erklärten die Studien-Autoren Professor Laurence Steinberg und Professor Laura H. Carnell. "Gleichaltrige Jugendliche können einander motivieren, ihre Umgebung in einer Art und Weise zu erkunden, wie sie es vielleicht nicht machen würden, wenn sie alleine und vorsichtiger sind. Manchmal müssen sie dadurch schädlichen Folgen in Kauf nehmen, aber manchmal führt es dazu, dass sie neue Dinge lernen und erfahren, die nützlich und gut sind. Und ich denke, das ist eine Schlussfolgerung des Artikels."

Steinberg gehört zu einer Reihe von Wissenschaftlern, die den Fokus ihrer Forschung auf die Veränderungen im jugendlichen Gehirn setzen. Zum Beispiel hat Steinberg durch funktionelle MRT (Magnetresonanztomgraphie) entdeckt, dass die bloße Anwesenheit von Gleichaltrigen bei Jugendlichen das Belohnungszentrum im Gehirn viel stärker aktiviert, als es bei anderen Altersgruppen geschieht. "Wenn das Belohnungszentrum des Gehirns aktiviert wird, neigt der Mensch dazu, sich mehr auf die möglichen Belohnungen zu konzentrieren als auf die Schattenseiten bzw. negativen Konsequenzen seines Handelns", erklärte er.

"Wir denken, dass unser Gehirn so programmiert ist, dass es uns in der Jugend risikofreudiger werden lässt. Risiken einzugehen kann sinnvoll sein, solange die Risiken nicht unser Wohlergehen gefährden. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Eltern ihre Jugendlichen nicht vor allen Risiken schützen können, denn es ist Teil ihrer Entwicklung", gibt er zu bedenken.

"Helicopter-Parenting" verhindert nützliche Erfahrungen

Aus der Sicht der Eltern können die Teenagerjahre ihres Kindes stressig, konfliktreich und unruhig sein. Für Eltern ist es schwierig auszuloten, wie viel Disziplin und Überwachung in dieser Zeit angemessen ist.
Steinberg betont, dass Eltern in dieser Phase mit ihren Teenagern eine warme und befriedigende Beziehung aufrechterhalten sollten. Dies kann dazu beitragen, dass die Risiken, die Heranwachsende nehmen, nicht ihrer Gesundheit schaden - wie zum Beispiel an einem Schultheaterstück mit zu spielen oder bei einem Fußballturnier mitzumachen, jemanden um ein Rendevouz zu bitten oder sich für herausfordernde Kurse anzumelden.

Eltern sollten wissen, mit wem ihre Kinder ihre Zeit verbringen. Denn Forschungsergebnisse legen nahe, dass die Clique, in der ein Teenager verkehrt, einen sehr starken Einfluss auf sein Verhalten haben kann.

Schließlich rät er vom "Helicopter-Parenting" ab, da es die Lernprozesse eines Kindes behindern kann. "Das Eingehen von Risiken ist nicht von Natur aus schlecht, und Kinder brauchen auch Chancen, um aus ihren Fehlern lernen zu können. Wenn überfürsorgliche Eltern dies verhindern, tun sie ihrem Kind keinen Gefallen", ergänzte Steinberg. "Als Faustregel kann helfen: Schützen Sie Ihre Kinder, wenn Sie müssen, aber erlauben Sie, was Sie können."

Quelle:<link https: www.washingtonpost.com news to-your-health wp the-teenage-brain-there-may-be-a-silver-lining-to-all-that-misbehavior _blank external-link-new-window external link in new> Washington Post, <link http: onlinelibrary.wiley.com doi jora.12219 abstract _blank external-link-new-window external link in new>Journal of Research on Adolescence