Mädchen, die in Alkoholikerfamilien aufwachsen, neigen nach Ansicht von Psychologen eher zur Ess-Brecht-Sucht (Bulimie) und Magersucht als zum Alkoholismus. In einer vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten Untersuchung fand ein Team um Dr. Edgar Geissner von der Klinik Roseneck am Chiemsee heraus, dass die Rate von Mädchen mit Essstörungen aus Alkoholikerfamilien fünffach höher ist als in anderen Familien. Etwa 2 bis 3% der jungen Frauen leiden unter Magersucht und Bulimie, sagte Dr. Geissner im Rahmen des 43. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Berlin. Weitere 10% würden laut Geissner bedenkliche Symptome zeigen.
Vertrauen ist die Basis einer erfolgreichen Therapie
Reine "Fütterungsprogramme" mit sanftem Zwang seien nicht mehr der Stand der Behandlung, erläuterte Dr. Geissner. Heute werde zunächst versucht, eine gute Beziehung zwischen Mädchen und Therapeut zu schaffen. Erst auf dieser Basis könne mit vor allem verhaltenstherapeutischen Maßnahmen das Selbstwertgefühl gesteigert und falsche Einstellungen zum Körper und zum Essen abgebaut werden.
In spezialisierten Kliniken gelinge es, dass Patientinnen pro Woche ein Kilogramm zunehmen, so Dr. Geissner weiter. Bei einer vorausgegangenen Abmagerung von bis zu 30 Kilogramm könne es Wochen dauern, bis sich ein medizinisch akzeptables Gewicht einstelle. Essgestörte könnten zudem rapide Gewichtszunahmen von einigen Kilo kaum akzeptieren, berichtete Dr. Hinrich Bents von der Klinik Carolabad in Chemnitz. Sie fürchten irrationaler Weise, die Gewichtszunahme sei dann nicht mehr zu stoppen.