Menschen mit Typ-1-Diabetes leiden doppelt so oft an einer Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) wie Menschen ohne Diabetes. Eine Hypothyreose ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der die Schilddrüse zu wenig Hormone bildet; infolgedessen ist der Stoffwechsel verlangsamt und die Leistungsfähigkeit ist reduziert. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Eine mögliche Ursache ist die Hashimoto-Thyreoiditis, eine Autoimmunerkrankung, bei der die Schilddrüse dauerhaft entzündet ist, weil der eigene Körper Antikörper gegen die Schilddrüse bildet.
Der Krankheitsverlauf ist schleichend: Manchmal entsteht die Unterfunktion erst Monate oder sogar Jahre, nachdem die Antikörper gegen die Schilddrüse im Blut zum ersten Mal nachweisbar sind. Erst wenn die Konzentrationen der Schilddrüsenhormone T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin) reduziert sind, liegt eine manifeste Hypothyreose vor. Dies ist häufig auch der Zeitpunkt, an dem die Diagnose erstmals gestellt wird. Die Therapie besteht aus einer lebenslangen Einnahme des künstlich hergestellten Hormons L-Thyroxin, mit dem die Symptome sehr gut zu behandeln sind.
Schilddrüse beeinflusst auch Stimmung und kognitive Funktionen
Eine Unterfunktion kann deshalb Aufmerksamkeitsstörungen, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme sowie depressive Verstimmungen und Angststörungen verursachen. „Menschen mit Typ-1-Diabetes haben nicht nur ein hohes Risiko für eine Hashimoto-Thyreoiditis, sie sind auch durch psychische Erkrankungen gefährdet“, warnt Professor Dr. med. Karsten Müssig, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie am Franziskus-Hospital Harderberg.
Bildgebende Verfahren lassen vermuten, dass diese Beeinträchtigungen mit Durchblutungsstörungen in bestimmten Arealen des Gehirns vergesellschaftet sind. „Möglicherweise entstehen die psychischen und kognitiven Probleme bei Hashimoto-Thyreoiditis durch Veränderungen im Immunsystem sowie im Neurotransmitterhaushalt“, ergänzt Professor Müssig, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie, Diabetologie, Nephrologie und Ernährungsmedizin DAEM/DGEM.
Psychische Erkrankungen treten bei jungen Menschen mit Typ-1-Diabetes und Hashimoto-Thyreoiditis häufiger auf
Eine aktuelle Studie, die Alexander Eckert vom Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm mit seinen Kollegen 2020 im Journal of Diabetes publiziert hat, erweitert diesen Ansatz. Die Wissenschaftler untersuchten an einer großen Gruppe von Probanden zwischen 11 und 25 Jahren, ob psychische Erkrankungen bei jungen Menschen mit Typ-1-Diabetes und Hashimoto-Thyreoiditis häufiger sind als bei Menschen mit Typ-1-Diabetes ohne Hashimoto-Thyreoiditis. „Menschen mit Typ-1-Diabetes und Hashimoto-Thyreoiditis, die mit L-Thyroxin behandelt werden mussten, litten deutlich häufiger unter psychischen Beschwerden als solche, die zwar Schilddrüsenautoantikörper aufwiesen, aber noch keine medikamentöse Therapie brauchten“, berichtet Professorin Dr. med. Monika Kellerer, Vorsitzende der DDG.
„Ärzte müssen bei Menschen mit Typ-1-Diabetes und Hashimoto-Thyreoiditis immer auch auf psychische und kognitive Beeinträchtigungen bei ihren Patienten achten. Auch sollten Ärzte bei Menschen mit Typ-1-Diabetes und beispielsweise einer Depression auch an eine Hashimoto-Thyreoiditis denken“, mahnt Professorin Kellerer, Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologie und Endokrinologie und Ärztliche Direktorin am Marienhospital in Stuttgart.
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(Michaela Richter, Pressestelle, Deutsche Diabetes Gesellschaft)
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