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Überraschendes Studienergebnis: Brutkasten verringert Risiko für Depressionen

Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass bei Säugetieren die frühe Trennung von Mutter und Kind sehr belastend für die Nachkommen ist und zu Verhaltensprobleme führen kann. Eine aktuelle kanadische Studie fand nun heraus, dass Kinder, die nach der Geburt im Brutkasten waren, im späteren Leben anscheinend trotzdem ein geringeres Risiko für Depressionen haben...

Kanadische Forscher kamen in einer aktuellen Studie zu einem überraschenden Ergebnis: Kinder, die nach der Geburt in einem Brutkasten behandelt werden mussten, hatten als Jugendliche und Erwachsene im Vergleich zu zeitgerecht Geborenen ein zwei- bis dreifach geringeres Risiko, an einer Depression zu erkranken. „Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass bei Säugetieren die Trennung von Mutter und Kind ein hoher Stressfaktor ist, der Verhaltensprobleme bis ins Erwachsenenalter hinein verursachen kann. Für den schützenden Effekt der Betreuung im Brutkasten ist vermutlich nicht der Brutkasten selbst, sondern die damit verbundene konstante, optimale Umgebung nach der Geburt verantwortlich, sowohl in Bezug auf Temperatur, Sauerstoff, Geräusche und Licht sowie die verstärkte Aufmerksamkeit, die Eltern ihren Kindern schenken, die zu früh geboren wurden. Denn Eltern nehmen diese Kinder oft als besonders zerbrechlich und verletzlich wahr“, erklärt Dr. Monika Niehaus, Kinder- und Jugendärztin sowie Pressesprecherin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte in Thüringen.

An der Untersuchung nahmen 1.212 Kinder teil, die 1986 für eine Langzeitstudie rekrutiert wurden. Im Alter von 15 und 21 Jahren erfolgte bei den Probanden eine psychologische Beurteilung. Von den 16,5% der Kinder, die im Brutkasten gelegen hatten, litten im Alter von 21 Jahren nur 5% unter einer Depression, während bei den anderen Teilnehmern 9% von einer Depression betroffen waren. Letzteres entspricht dem durchschnittlichen Anteil in der Bevölkerung. Der Zusammenhang zwischen geringerem Depressionsrisiko und Brutkasten blieb bestehen, auch nachdem Faktoren wie Geburtsgewicht, Schwierigkeiten in der Familie und mütterliche Depressionen berücksichtigt wurden.

Die kanadischen Forscher um Dr. David Gourion, der mittlerweile in einer Pariser Klinik als Psychiater tätig ist, gehen davon aus, dass eine Reihe von biologischen und emotionalen Faktoren, die eine Brutkasten-Betreuung begleiten, einen schützenden Effekt auf das Kind haben. Das Team entdeckte darüber hinaus, dass Mädchen, die als Baby im Brutkasten waren, im Alter von 15 Jahren gegenüber ihren Altersgenossinnen ein um das Dreifache geringeres Risiko hatten, an einer Depression zu erkranken. „Mädchen leiden in diesem Alter häufiger unter Depressionen, während Jungen eher im Erwachsenenalter dazu neigen“, so Dr. Niehaus.