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Väter bei Geburt von Kindern immer älter: Hohes Durchschnittsalter aber kein neues Phänomen

Das durchschnittliche Alter von Vätern bei der Geburt eines Kindes ist in Deutschland in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen: Lag es 1991 noch bei 31,0 Jahren, waren Väter 2022 bei der Geburt ihrer Kinder im Schnitt 34,7 Jahre alt. Dieser Trend ist in vielen Ländern zu beobachten.

Er wird von Teilen der Wissenschaft mit Sorge gesehen, da Kinder älterer Väter ein höheres biologisches Risiko haben, gesundheitlich beeinträchtigt zu sein. Eine Studie von Forscher*innen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und der Universität Oldenburg in der Fachzeitschrift „Human Reproduction“ zeigt nun auf, dass das Alter der Väter im historischen Vergleich nicht ungewöhnlich ist.

Bei allen Ländern, für die Daten über die letzten 100 Jahre vorliegen, zeigt sich ein ähnliches Bild: Trotz hoher Anstiege in den letzten Jahrzehnten liegt das heutige Durchschnittsalter der Väter bei Geburt von Kindern unter oder nur leicht über den zu Beginn des 20. Jahrhunderts verzeichneten Werten. So waren etwa in Frankreich um 1900 die Väter bei Geburt im Durchschnitt 34 Jahre alt, was dem heutigen Niveau entspricht. Bis in die 1970er Jahre ging das Durchschnittsalter dann stark zurück und lag Anfang der 1970er um die 30 Jahre, bevor es ab 1980 wieder anstieg. Ähnliche Verläufe zeigen sich für Schweden, die USA, Japan und eine Reihe weiterer Länder. Für Deutschland sind Aussagen zu Langzeitentwicklungen nicht möglich, da Daten zum Alter der Väter bei Geburt ihrer Kinder erst seit 1991 durchgängig vorliegen.

Langfristig betrachtet sind niedrige Geburtsalter ungewöhnlich

„Unsere Analysen vermitteln den Eindruck, dass eher die niedrigen Werte in den 1960er und 1970er Jahren ungewöhnlich waren“, erklärt Dr. Sebastian Klüsener vom BiB, Mitautor der Studie. Die hohen Alter zu Beginn des 20. Jahrhunderts erklären sich dadurch, dass die Familiengründung aus wirtschaftlichen Gründen relativ spät erfolgte. Damals gab es auch noch viele kinderreiche Familien, bei welchen die letzten Kinder in einem relativ hohen Alter geboren wurden. Dies änderte sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als viele Gesellschaften sehr industriell geprägt waren. Damals konnten Erwerbstätige früh im Arbeitsleben höhere Einkommen erzielen, was für eine frühzeitige Familiengründung förderlich war. Gleichzeitig sank der Anteil kinderreicher Familien, so dass viele Eltern ihre Familienplanung früh abschlossen. Der für das Einkommen sorgende Ehemann und die sich um Haushalt und Kinder kümmernde Ehefrau waren das stark verbreitete Rollenbild dieser Zeit. Dies änderte sich ab den 1970er Jahren. Im Zuge des Übergangs von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft entstanden neue attraktive Karrieremöglichkeiten für Frauen. In dieser Zeit begannen sich auch die Rollenverständnisse von Frauen und von Männern zu ändern. Zusätzlich führten höhere Anforderungen an die berufliche Qualifikation und bessere Bildungsangebote zu längeren Ausbildungszeiten bei Männern und Frauen. Diese Entwicklungen trugen neben anderen Einflussfaktoren letztlich zu einem steigenden Geburtsalter bei.

Einen älteren Vater zu haben kann auch von Vorteil sein

Ob der Anstieg des Alters von Vätern bei der Geburt von Kindern tatsächlich Anlass zu Besorgnis ist, hängt von verschiedenen zum Teil noch wenig erforschten Faktoren ab. Während die mit dem Geburtsalter steigenden biologischen Gesundheitsrisiken für das Kind gut belegt sind, kann es auch von Vorteil sein, einen älteren Vater zu haben. Da ältere Väter in der Regel bereits mehr im Arbeitsmarkt etabliert sind, können sie ihren Kindern potenziell einen finanziell besser abgesicherten Start ins Leben ermöglichen. Außerdem gilt es die gestiegene Lebenserwartung und die Folgen des Fortschritts in der Medizin zu berücksichtigen: Ein heute 35 Jahre alter Mann ist im Durchschnitt gesünder als ein 35 Jahre alter Mann vor 50 Jahren. Durch den medizinischen Fortschritt werden zudem gesundheitliche Folgen abgemildert, die eine späte Vaterschaft für das Kind hat. „Wenn die bestehenden Forschungslücken weiter gefüllt sind, ist eine noch bessere Einschätzung der Vor- und Nachteile möglich“, meint Klüsener. „Die aktuellen oft als drastisch hoch bezeichneten Durchschnittsalter sind jedenfalls weder neu noch ungewöhnlich.“

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Dr. Christian Fiedler, Pressestelle, Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)
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Quellen: idw-online.de, BIB, Human Reproduction