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Vernachlässigung: Eltern sind oft extremen Belastungen ausgesetzt

Eltern, die ihre Kinder misshandeln, fühlen sich häufig überfordert und sind extremen Belastungen ausgesetzt. Hilfsangebote an Eltern und eine frühzeitige Intervention könnten evtl. Schlimmeres verhindern helfen…

Kindesvernachlässigung beginnt häufig im Säuglings- und Kleinkindalter. Meist wird eine Misshandlung oder Vernachlässigung aber erst beim Kindergarten- oder Schulkind erkannt, da diese Eltern schwer zugänglich sind und beispielsweise häufig den Kinder- und Jugendarzt wechseln.

Vernachlässigte Eltern – verwahrloste Kinder?
Bei vielen Eltern, die ihre Kinder misshandeln, liegen mehrere belastende Umstände vor, wie z.B. Misshandlung, Vernachlässigung oder Missbrauch in der eigenen Kindheit. Manche Elternteile leiden unter psychischen und/oder haben Suchtprobleme. Auch Armut oder Arbeitslosigkeit kommt häufig hinzu. Studien weisen darauf hin, dass Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen oder misshandeln, zudem eher dazu neigen, unrealistische Erwartungen an das Kind zu haben und von ihm mehr Selbständigkeit fordern, als es leisten kann.

Vernachlässigung kann dabei emotional, kognitiv (geistig) und/oder körperlich vorliegen. Folgen können massive Gedeih- und Entwicklungsstörungen und im Extremfall sogar der Tod sein. Auch seelische Schäden prägen das ganze Leben, wenn das Kind keine verlässliche Beziehung zu einer liebevollen Bezugsperson aufbauen kann, sei es, weil die Betreuungspersonen ständig wechseln, das Kind unerwünscht ist und/oder die Eltern überfordert sind. Erzieherisch kann eine Vernachlässigung vorliegen, wenn Eltern z.B. nicht ihrer Aufsichtspflicht nachkommen, das Kind nicht fördern und sich nicht um seine schulische Ausbildung kümmern. Je jünger die betroffenen Kinder sind, desto größer ist das Risiko für schwer wiegende Störungen und desto schwieriger ist eine Therapie. Deshalb ist ein frühzeitiges Eingreifen erforderlich.

Risikofamilien frühzeitig erkennen
Nur durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Berufsgruppen und Einrichtungen könnten Risikofamilien rechtzeitig erkannt werden. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) fordert deshalb im ganzen Land multiprofessionelle Netzwerke im Zusammenwirken mit Kinder- und Jugendärzten in Klinik, Praxis und öffentlichem Gesundheitsdienst (ÖGD) zur Frühprävention einzurichten, die bereits vorgeburtlich psychosoziale Risikofamilien identifizieren und ihnen Hilfe zukommen lassen können. Vorsorgeuntersuchungen können dabei eine wichtige Hilfe zur Früherkennung und Vermeidung von Kindesmissbrauch und -vernachlässigung sein.

Radio-Tipp 20.10. zw. 10-11 Uhr: BR2- Notizbuch-Freitagsforum (Moderation: Sybille Giel) „Versorgung und Zuwendung Fehlanzeige!“ – Wie erreicht man die Eltern? Wie schützt man die Kinder?

Gäste: Prof. Christian Pfeiffer (Kriminologisches Forschungsinstitut
Niedersachsen), Dr. Bernd Simon (Kinder- und Jugendarzt München), Heinz Hilgers (Bürgermeister von Dormagen und Präsident des Dt. Kinderschutzbundes), Christof Gebel (Sozialarbeiter, Jugendamt Ingolstadt)