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Weltkindertag: BVKJ möchte Deutschlands vergessenen Kindern helfen

Anlässlich des Weltkindertags am 20. September erinnert der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte an die „vergessenen Kinder“ in Deutschland und fordert die Politik auf, diesen Kindern Zukunftschancen zu geben...

Am 20. September 2008 ist Weltkindertag - zu diesem Anlass möchte der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) auf die "vergessenen Kinder" in Deutschland aufmerksam machen und die Politik auffordern, ihnen mehr Zukunftschancen zu ermöglichen.

„In Deutschland wächst eine Generation von Kindern heran, die von der Gesellschaft vollständig vergessen wird,“ so Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des BVKJ heute in Köln. „Es sind Kinder, die täglich viele Stunden lang vor dem Fernseher geparkt werden, mit denen niemand spricht und spielt, denen keiner vorliest. Diese Kinder tauchen in keiner Misshandlungsstatistik und in keiner Fernsehreportage auf, denn die Misshandlung und Vernachlässigung in Form mangelnder familiärer Förderung und Zuwendung, hinterlässt keine blauen Flecken. Sie führen jedoch zu schweren Entwicklungsstörungen, die das ganze Leben belasten.

Wir erleben in unseren Praxen immer mehr Kinder mit massiven Spracherwerbsstörungen. Sie sind körperlich und geistig gesund zur Welt gekommen, ihre Eltern – häufig aus bildungsfernen, armen Milieus, teilweise mit Migrationshintergrund – sind jedoch nicht in der Lage, sich angemessen mit ihnen zu beschäftigen. Damit beginnt ein Teufelskreis: mit fünf oder sechs Jahren können diese Kinder nicht sprechen, in der Schule führt dies zu schlechtem Verstehen und Wiedergeben von Texten. Inhalte werden nicht begriffen. In diesem Fall liegt die Wahrscheinlichkeit, einen regulären Schulabschluss zu erhalten, teilweise nur bei 50%.

Diesen Kindern ist nicht damit geholfen, dass kurz vor Schuleintritt ein Sprachtest und danach ein bisschen Förderung stattfinden. Diese Kinder brauchen Einrichtungen, die ihre Entwicklung fördern und damit die elterlichen Defizite ausgleichen. Sie brauchen Einrichtungen, in denen sie lernen, sich sprachlich auszudrücken, Konflikte zu benennen und verbal zu lösen, sich zu konzentrieren, zu spielen und sich zu bewegen. Wir müssen weg von der Vorstellung, dass KiTas oder KiGas Kinder lediglich über den Tag bringen, um der Mutter die Berufstätigkeit zu ermöglichen. Diese Institutionen müssen in das gesamte gesellschaftliche Bildungskonzept eingebettet werden. Dazu bedarf es evaluierter Förderkonzepte für die motorische, sprachliche und kognitive Entwicklung. Solche Förderungen sollten in das pädagogische Grundkonzept der KiTas eingebaut werden und allen Kindern zuteil werden.

Wir warten heute teilweise viel zu lange ab, bis wir eine pathologische Veränderung feststellen. Diese wird dann mit aufwändigen Therapien behandelt. Wir müssen jedoch die „vergessenen Kinder“ frühzeitig fördern, damit sie erst gar nicht auffällig werden. Der BVKJ wird sich in Zukunft massiv für die Interessen der „vergessenen Kinder“ einsetzen.“