Dass man mit bestimmten Wörtern die Erwachsenen so schön ärgern und schockieren kann, lernen Kinder erst durch die Reaktion der Erwachsenen, erklärt Dr. Sylvia Schuster, Pressesprecherin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Nordrhein.
Dabei sind Schimpfworte und Fluchen zunächst einmal nichts Schlimmes, sie zeigen, dass das Kind lernt und kreativ mit den Möglichkeiten und der Macht der Sprache umgeht. Das Kind merkt, dass es die sonst immer überlegenen Erwachsenen aus dem Gleichgewicht bringen kann und dass es sich selbst bei Wut und Enttäuschung Luft verschaffen kann ohne gleich zuzuschlagen.
Die meisten Kinder gebrauchen Schimpfwörter aus dem Bereich der Fäkalsprache. Dies hat zum einen psychologische Gründe – kleine Kinder beschäftigen sich gerne mit diesem Thema -, zum anderen bietet das Deutsche vor allem Schimpfwörter aus diesem Bereich. Zunehmend gebrauchen Kinder aber auch vulgäre Ausdrücke aus dem Bereich der Sexualität. Gerade dies finden Eltern besorgniserregend. Gibt es vielleicht einen Zusammenhang mit persönlichen Erlebnissen?, fragen sie sich. Im Allgemeinen zum Glück nicht. Die f-Wörter, die inzwischen auch Kindergartenkindern flüssig über die Lippen gehen, sind in den letzten Jahren einfach nicht mehr in dem Maße tabuisiert wie früher, die Kinder „schnappen sie auf“ bei Gleichaltrigen, im Fernsehen, bei älteren Geschwistern. Eltern müssen sich keine Sorgen machen, so lange nicht andere Auffälligkeiten hinzukommen.
Tolerieren sollten sie das Fluchen und Schimpfen jedoch nicht, denn die Sprachverwahrlosung schadet dem Kind auf Dauer. Vor allem grenzt sie es sozial aus in Kindergarten und Schule.
Was können Eltern tun?
- Einmalige verbale Entgleisungen ignorieren, je weniger Aufmerksamkeit um so unspannender.
- Bei wiederholter Entgleisung oder auch immer wieder direkt aggressiv an die Eltern, Geschwister oder Freunde gerichteten Kraftausdrücken ruhig aber bestimmt festlegen, das ein solches Vokabular nicht erwünscht ist, Grenzen setzen oder maßregeln durch Hinausschicken. Reagiert das Kind auf jede noch so kleine Frustration mit Wutausbrüchen, sollten Eltern Hilfe suchen.
- Den eigenen Wortschatz überprüfen und entrümpeln. Wer bei jeder Gelegenheit „Scheiße“ brüllt, gibt ein schlechtes Vorbild ab.
- Dem Kind gestatten zu fluchen, wenn es sich spontan Luft machen muss, weil es gefallen ist oder sich gestoßen hat.
- Gebraucht das Kind wie unter Zwang Schimpfworte, kann eine psychische Erkrankung zugrunde liegen, etwa das Tourette-Syndrom. Eltern sollten sich mit ihrem Kinder- und Jugendarzt beraten.