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Wie groß ist die Gefahr durch Acrylamid?

Acrylamid bewegt und besorgt vor allem die Eltern kleiner Kinder. Wie gefährlich ist Acrylamid wirklich und wie kann ich mein Kind davor schützen? Ernährungswissenschaftlerin Birgitta Tummel klärt auf...

Meldungen über Acrylamid haben viele Eltern verunsichert. Die Bonner Ernährungswissenschaftlerin Birgitta Tummel beantwortet die wichtigsten Fragen:

Was versteht man unter Acrylamid und wo tritt dieser Stoff auf?
Acrylamid ist ein Baustein von Polyacrylamid, einem Grundstoff von Farben sowie Faser- und Kunststoffen. Es wurde 1949 erstmalig synthetisch hergestellt und wird seit den 50er Jahren für die Produktion von Polyacrylamid verwendet. Acrylamid hat sich im Tierversuch als krebserregend erwiesen. Bei Untersuchungen fand man heraus, dass auch bei der Zubereitung von Lebensmitteln Acrylamid entsteht.

Wie kommt es zur Acrylamid-Bildung in Lebensmitteln?
Nach dem derzeitigen Kenntnisstand entsteht Acrylamid aus natürlichen Inhaltsstoffen und zwar, wenn bei hohen Temperaturen und einem geringen Wassergehalt Eiweiß- und Zuckerbausteine miteinander reagieren. Dies ist beim Backen, Braten, Grillen und Frittieren vieler Lebensmittel der Fall, z.B. bei der Herstellung von Pommes frites (Friteuse und Backofen), Bratkartoffeln, Brot, Kuchen und Plätzchen. Die Entstehung ist temperaturabhängig. Sie beginnt bei 120 °C und nimmt bei steigenden Temperaturen immer weiter zu. Beim Kochen (z.B. von Kartoffeln) wird kein Acrylamid gebildet. Beim Backen oder Frittieren von Kartoffelstücken entsteht dagegen ­- je nach Temperatur und Dauer der Erhitzung - relativ viel Acrylamid.

Wie kann ich mich vor Acrylamid schützen?
Die Aufnahme von Acrylamid kann man leider nicht gänzlich verhindern. Um die Acrylamidaufnahme jedoch möglichst gering zu halten, sollte man sich zum Einen möglichst abwechslungsreich ernähren und zum Anderen die Faustregel "Vergolden statt verkohlen" bei allen Zubereitungsmethoden beachten. Also lieber nur leicht gebräuntes Brot oder Pommes frites als besonders dunkles auswählen. Generell entsteht Acrylamid vor allem an den Außenschichten. Daher enthalten dicke Kartoffelspalten meist weniger Acrylamid als feingeschnittene Pommes und Kleingebäck mehr als Brote.

Sollte ich meine Ernährung wegen der Gefahr durch Acrylamid umstellen?
Nein. Bei einer ausgewogenen Ernährung, die alle Lebensmittelgruppen enthält, besteht dazu keine Veranlassung bei. Generell gilt: Eine ausgewogene Ernährung mit einem hohen Anteil an Obst und Gemüse ist die beste Vorbeugung gegen Krebs und andere Erkrankungen. Die Bedeutung krebserregender Substanzen in Lebensmitteln wird übrigens häufig überschätzt. Nach Schätzungen des Welt-Krebsforschungsschutzverbandes sind gerade einmal 1% der Krebsfälle auf derartige Substanzen zurückzuführen. Zum Vergleich: Statistisch gesehen könnten 25 bis 30% aller Krebsfälle durch Nikotinverzicht vermieden werden.