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Zunehmende Entwicklungsrückstände: Hilfe durch Frühförderung in Kindertagesstätten

Insbesondere Kinder aus sozial schwachen Familien und Migrantenfamilien sind häufig von Entwicklungsrückständen im sprachlichen Bereich betroffen. Diese Kinder haben später auch mehr Schulprobleme. Deshalb sollten Kindergärten und Kindertagesstätten möglichst alle Kinder frühzeitig fördern, um spätere Schwierigkeiten zu vermeiden...

Immer mehr Kinder zeigen Entwicklungsauffälligkeiten, d. h. ihre sprachlichen, motorischen und geistigen Fähigkeiten entsprechen nicht ihrem Alter. Gerade Kinder aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien werden häufig zu Hause nicht ausreichend in ihrer Entwicklung angeregt, so dass Kindergärten und Kindertagesstätten komplementär entgegenwirken müssten. Diese Institutionen sind aber in ihrer gegenwärtigen Struktur nicht ausreichend vorbereitet, um eine vorschulische Förderung für alle Kinder erfüllen zu können.

Kinder aus sozial schwachen und ausländischen Familien sind besonders betroffen
Bei Kindern aus Familien mit geringem Bildungshintergrund ist die Rate der Entwicklungsauffälligkeiten besonders groß. Dies bestätigt auch die Schuleingangsuntersuchung 2001 bei Berliner Kindern (Gesundheitsberichterstattung 2003-2). Hier zeigte sich, dass insbesondere im Bereich Sprache Kinder aus sozioökonomisch schwachen und bildungsfernen Familien sowie Kinder aus Migrantenfamilien von Entwicklungsrückständen betroffen sind. Häufig sprechen diese Kinder zu Hause auch nicht deutsch, so dass sie schon mit mangelhaften Sprachkenntnissen eingeschult werden. Insbesondere in Ballungszentren ist der Anteil ausländischer Familien besonders hoch. "Kinder- und Jugendärzte werden heute immer mehr mit Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten konfrontiert, die nur durch Verordnungen nicht mehr kompensierbar sind. Dies gilt insbesondere im Bereich der Sprache und Motorik. Hier müssen die gesellschaftlichen Erziehungsinstanzen eingreifen", so der Berliner Kinder- und Jugendarzt Dr. Ulrich Fegeler.

PISA beginnt vor der Schule
Die Qualität der vorschulischen Entwicklungsanregung wird mit über das Bildungsniveau der zukünftigen Generationen entscheiden. Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen sind auf ihrem Bildungsweg deutlich benachteiligt. Sie haben später wesentlich mehr Schulschwierigkeiten und brechen im Vergleich zu Kindern ohne diese Defizite häufiger die Schule ohne Abschluss ab (etwa 40% der Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen). So zeigen spracherwerbsgestörte deutschmuttersprachliche Kinder trotz logopädischer Betreuung keine erkennbaren Unterschiede z.B. im Bereich des Sprachverständnisses im Vergleich zu Kindern mit Deutsch als Zweitsprache, da die Weichen schon im Vorschulalter gelegt werden. Deshalb wird die Rolle der Kindergärten und Kindertagesstätten als wichtigstes Anregungs- und Bildungsinstitut immer größer werden. Um allen Kindern den Zugang zu ermöglichen, sollten sie vor allem für Kinder aus sozial schwachen Familien kostenlos sein. Berlin startet deshalb das Projekt "Berliner-Modell-KiTa", bei dem in insgesamt acht Kindertagesstätten modellhaft ein Motorik- sowie ein Sprachanregungsprogramm durchgeführt wird.

Quelle: 7. Forum für Gesundheits- und Sozialpolitik des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. zum Thema "Konsequenz der PISA-Studie: Bildung von Anfang an!", 24. März 2004 in Berlin.