U1 – Überwachung und Untersuchung des Neugeborenen
Die Neugeborenen-Erstuntersuchung findet direkt nach der Geburt im Kreißsaal statt. Sie wird daher meist von der Hebamme oder dem Frauenarzt* durchgeführt, nur selten von einem anwesenden Kinder- und Jugendarzt (zum Beispiel bei Risiko-Geburten wie extremer Frühgeburt usw.). In den ersten Lebensminuten werden der Beginn der Luftatmung und die Umstellung des Kreislaufs auf das Leben außerhalb des Mutterleibs überwacht. Nach dem Apgar-Schema werden 1, 5 und 10 Minuten nach der Geburt jeweils 0 bis 2 Punkte für Atmung, Puls, Muskelspannung, Hautfarbe und Reaktionen auf Reize vergeben. Werte von 8 bis 10 sind normal, Werte von 5 bis 7 können einen Unterstützungsbedarf bei der Anpassung signalisieren (zum Beispiel Sauerstoffgabe), Werte unter 5 machen sofortiges Eingreifen erforderlich (zum Beispiel Maskenbeatmung). Die Werte nach 5 und 10 Minuten werden im gelben Kinder-Untersuchungsheft eingetragen.
Nach Durchtrennung der Nabelschnur werden Blutproben daraus auf Übersäuerung getestet, um Folgen des Sauerstoffmangels während der Geburt zu erkennen. Anschließend wird das Neugeborene auf Reifezeichen, äußere Fehlbildungen, Geburtsverletzungen, Gelbsucht und Wasseransammlungen untersucht sowie gemessen und gewogen. Dies soll innerhalb der ersten 30 Lebensminuten erfolgen, darf aber den ersten Körperkontakt zwischen der Mutter und dem Neugeborenen nur so wenig wie möglich stören. Der intensive Kontakt in der ersten Lebensstunde und das erste Saugen an der Brust sind extrem wichtig für die Bindung von Mutter und Kind und für den Stillerfolg. Schließlich wird Vitamin K als Tropfen gegeben oder in Ausnahmefällen gespritzt, um gefährliche Blutungen zu verhindern.
Spezielle Früherkennungsuntersuchungen
Pulsoximetrie-Screening
In der 25. bis 48. Lebensstunde wird mittels eines Lichtsensors an einem Fuß ohne Blutentnahme bestimmt, wie viel Sauerstoff das Blut enthält. Diese Untersuchung tut dem Baby nicht weh. Zu wenig Sauerstoff im Blut kann ein Hinweis auf einen schweren Herzfehler sein. Gelingt die Messung nicht oder ergibt sie ein unklares Ergebnis, wird sie innerhalb von 2 Stunden erneut versucht. Bei auffälligen Werten erfolgt möglichst schnell eine Ultraschalluntersuchung des Herzens durch einen Spezialisten. Bei ambulanten Geburten oder Frühentlassung kann die Untersuchung ausnahmsweise bereits ab der 5. Lebensstunde durchgeführt werden. Wurde sie versäumt, kann sie bei der U2 nachgeholt werden.
Erweitertes Neugeborenen-Screening
In der 36. bis 72. Lebensstunde werden dem Neugeborenen einige Tropfen Blut entnommen und auf sehr seltene, aber gefährliche angeborene Hormon- und Stoffwechselstörungen sowie der Immunabwehr untersucht. Die Blutentnahme erfolgt meist aus der Ferse; für den notwendigen kleinen Hautstich ist die Zustimmung der Eltern notwendig. Die Untersuchung muss so früh erfolgen, weil manche angeborenen Störungen bereits in den ersten Lebenstagen gefährlich werden können. Werden sie früh genug erkannt, kann man sie aber gut behandeln. Wurde die Untersuchung versäumt, kann sie in jedem Alter nachgeholt werden. Die Kosten dafür werden meist nur in den ersten 4 Lebenswochen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Screening auf Mukoviszidose
Aus der gleichen Blutprobe soll auch auf Mukoviszidose untersucht werden, eine angeborene Störung der Schleimdrüsen, die ohne Behandlung zur Zerstörung der Lunge und der Verdauungsorgane führt. Da für die Früherkennung manchmal genetische Untersuchungen nötig sind, müssen die Eltern hierzu Informationen erhalten und eine gesonderte Zustimmung abgeben. Diese Untersuchung kann nur bis zum Ende der vierten Lebenswoche nachgeholt werden.
Neugeborenen-Hörscreening
Bei allen Babys soll das Hörvermögen an beiden Ohren (jeweils einzeln) in den ersten 3 Lebenstagen getestet werden. Dies erfolgt am besten im Schlaf mit einem elektronischen Gerät. Auffällige Testergebnisse sind meist durch Fruchtwasserreste in Babys Gehörgang verursacht; dann wird der Test baldmöglich wiederholt. Bleibt er auffällig, muss innerhalb der ersten 12 Lebenswochen von Spezialisten geklärt werden, ob wirklich eine Hörstörung vorliegt, damit die nötige Behandlung bereits im Alter von drei Monaten eingeleitet werden kann.
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*der besseren Lesbarkeit verwenden wir i.d.R. das generische Maskulinum und sprechen damit alle Geschlechter an (m/w/d).