Kinder- & Jugendärzte im Netz

Ihre Haus- und Fachärzte von der Geburt bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

Herausgeber:

Kinderarztpraxis Lüneburg - Rafael Grühn-Reichelt

Voraussetzungen VOR einer Heilmittelverordnung (Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie)

Heilmittelverordnungen für Kinder & Jugendliche (Logo-, Ergo-, Physiotherapie)
(Vorgaben der gesetzlichen Krankenkassen) 

Wir  haben vollstes Verständnis für die Förderwünsche von Eltern, die ihren Kindern hiermit optimale Chancen im Leben ermöglichen möchten.
Medizinische Heilmittel sind aber keine allgemeinen pädagogischen Förderwerkzeuge, sondern gezielte Therapien für konkrete medizinische Störungen und Erkrankungen.

Findet die Krankenkasse eine Heilmittelverordnung, die nicht allen Kriterien der Heilmittelrichtlinie entspricht (z.B.: Diagnose erlaubt keine Verordnung eines Heilmittels; zu viele Einheiten für die Diagnose verordnet; Hausbesuch ohne medizinische Indikation verordnet; Verlauf oder Indikation nicht gut dokumentiert etc., so muss der Arzt die Therapiekosten des nicht korrekt verordneten Heilmittels aus eigenen Mitteln an die Krankenkasse zurückzahlen.

Haben Sie darum bitte Verständnis, dass wir als verordnende und verantwortliche Ärztinnen und Ärzte die Indikation für eine Heilmittelverordnung daher sehr genau prüfen und diese teilweise auch ablehnen müssen. 

 

Ablauf der Erstverordnung eines Heilmittels in unserer Praxis

Vor der Verordnung eines Heilmittels zu Lasten der Krankenkassen ist laut Heilmittelrichtlinie eine Eingangsdiagnostik, inkl. Testung bzw. Objektivierung des abweichenden Befundes durchzuführen.

Hierbei müssen folgende Vorgaben erfüllt werden:

1. Vergabe einer heilmittelrechtfertigenden medizinische Diagnose

Heilmittelverordnungen erfolgen nur aufgrund einer ärztlich festgestellten Erkrankung/Störung mit entsprechender therapeutischer Indikation für Heilmittel. Denn Heilmittel dürfen nicht zur allgemeinen Förderung eines Kindes und nicht ohne klare Zielvorgabe an die TherapeutInnen verordnet werden.
Heilmittel bei Kindern werden nicht verordnet, wenn heilpädagogische-, sonderpädagogische- und psychologische Maßnahmen im Vordergrund stehen. Isolierte Lernstörungen oder Störungen wie Lese- und Rechtschreibschwäche fallen ebenfalls in diese Kategorie. In diesen Fällen sind das Schulsystem und das Jugendamt zuständig, pädagogische Hilfestellung zu geben. Allgemein gehaltene pädagogische Begriffe wie Entwicklungsverzögerung, Wahrnehmungsstörung, Konzentrationsmangel oder sensorische Integrationsstörung werden von den Krankenkassen nicht als medizinische Diagnosen anerkannt. Hier sind die LehrerInnen und ErzieherInnen in der Pflicht (pädagogische Förderung).

2. Definition eines konkreten Therapieziels (ggf. Zwischenziele)

Die Therapieziele müssen dabei konkret, alltagsrelevant und überprüfbar sein. Man muss sie realistisch in einer bestimmten Zeit mit dem gewählten Heilmittel erreichen können.

3. Angabe des geplanten Heilmittels in Art, Frequenz und Umfang

Das Heilmittel muss, bezogen auf das angepeilte Therapieziel, ausreichend, notwendig und zweckmäßig sein.

4. Vereinbarung von Verlaufskontrollen

Wie bei der Verordnung eines Medikaments müssen sich Ärztinnen und Ärzte sowie Eltern überlegen, was in welcher Zeit erreicht werden soll und wie man den Therapieerfolg überprüft. Im Gegensatz zu einer pädagogischen Förderung (Fernziele) sind medizinisch verordnete Therapien stets zeitlich begrenzt (Nahziele).


5. Einbezug der Eltern 

Für eine Heilmitteltherapie sind die Eltern einzubinden. Es ist ein Qualitätsmerkmal einer Heilmittelpraxis „Hausaufgaben“ zur Umsetzung der Therapieziele im Familienalltag zu vergeben. Diese Anforderung an die Familie zur aktiven Mitwirkung ist notwendig und erfüllt eine wichtige Forderung der „Heilmittelrichtlinien“.


Umsetzung dieser Vorgaben der Heilmittelrichtlinie bei nicht-organischen Störungsbildern


Als hausärztlich tätige Kinder- und Jugendarztpraxis sind wir in primär fachfremden (z.B. bei nicht-organischen) Störungsbildern (u.a. Verhaltensabweichungen, psychische oder emotionale Problemfelder, komplexere Entwicklungsstörungen) gezwungen, an hierfür spezialisierte AnsprechpartnerInnen (Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ), Kinder- und JugendpsychiaterInnen, Pädaudiologie) zu überweisen.

Erst nach einer uns vorliegenden und ausreichend aussagekräftigen Eingangsdiagnostik (Kriterien s.o.), kann ggf. eine Erstverordnung des Heilmittels über unsere Praxis erfolgen (jeweils bis zur nächsten Therapieverlaufskontrolle bei den spezialisierten AnsprechpartnerInnen).

Bei Verhaltensabweichungen (u.a. soziale Schwierigkeiten, Konzentrations-/ Aufmerksamkeitsstörung) sowie bei psychisch-emotionalen Problemfeldern empfehlen wir auch die Verordnung des Heilmittels über den Kinder- und JugendpsychotherapeutInnen. Diesen wurden vor diesem Hintergrund mit dem Gesetzes zur Reform der Psychotherapeutenausbildung (Anfang 2021) die Verordnung einer Ergotherapie bei definierten Krankheitsbilder ermöglicht.

 

Was ist Ihr Beitrag zum Erreichen des Therapieziels?

Zu den Grundlagen der Heilmitteltherapie gehört das aktive Mitwirken der PatientInnen und der Eltern an den Behandlungsmaßnahmen. Dies bedeutet, dass Sie als Eltern in die Therapie ihres Kindes unmittelbar mit eingebunden werden müssen. Sie sollten regelmäßig den Therapieeinheiten ihres Kindes beiwohnen um zu sehen, wie und woran mit ihrem Kind gearbeitet wird. Die Überwindung von Entwicklungsproblemen kann nur gelingen, wenn Sie in Heimarbeit einen täglichen Übungs- und Lernprozess vollziehen. Die wöchentliche Anleitung der TherapeutInnen kann hier nur lenkende Wirkung haben.

Regelmäßige Übungen zuhause („Hausaufgaben“) sind daher obligater Bestandteil einer Therapie. Verbesserungen von Defiziten erreichen Sie nicht durch 45 Minuten Therapie 1-2x/Woche, sondern in der täglichen Anwendung im Alltag: bei ihnen in der Familie, auf dem Weg zur Kita/ Schule, nach dem Essen etc..

Therapiekonzepte, welche die Eltern nicht aktiv in die Therapie einbinden, erachten wir als ungeeignet.

Ohne den täglichen Transfer der Therapieinhalte in Ihren Familienalltag, kann der beste Therapeut oder die beste Therapeutin nicht viel bewirken.

Ein Therapieerfolg für Ihr Kind wird sich nur einstellen, wenn:

  • Sie mindestens 15 Minuten täglich (ggf. über den Tag verteilt) die von den TherapeutInnen gegebenen Aufgaben mit Ihrem Kind üben
  • Sie nach Anleitung der TherapeutInnen Abläufe und/oder Lebensgewohnheiten als Familie verändern

 

Ablauf einer Folgeverordnung eines Heilmittels in unserer Praxis

Heilmittelrichtlinie §7 (11): „Folgeverordnungen sind nach Maßgabe des Heilmittelkatalogs nur zulässig, wenn sich die behandelnde Vertragsärztin oder der behandelnde Vertragsarzt zuvor erneut vom Zustand der Patientin oder des Patienten überzeugt hat. Bei der Entscheidung des Vertragsarztes über Folgeverordnungen sind der bisherige Therapieverlauf sowie zwischenzeitlich erhobene Befunde zu berücksichtigen.“

Therapieverlaufskontrolle:

Nach der Erstverordnung sowie anschließend nach jeweils 20 Therapiestunden vereinbaren Sie bitte einen Kontrolltermin in unserer Praxis und besprechen mit uns die bisherigen Therapiefortschritte und die häuslich durchgeführten Übungen und Materialien.

Zusätzlich sind wir an die Terminvorgaben der externen Eingangsdiagnostik gebunden. Vereinbaren Sie daher bitte frühzeitig, entsprechend den Empfehlungen im Abschlussbericht, einen Termin zur Therapieverlaufskontrolle in der Institution der Eingangsdiagnostik (SPZ, Pädaudiologie, Kinder- Jugendpsychiatrische Praxis). Weitere Heilmittel können erst NACH der stattgehabten Verlaufskontrolle erfolgen.

Therapiebericht:

Zur Folgeverordnung von Heilmitteln benötigen wir laut Heilmittelrichtlinie konkrete, alltagsrelevante und überprüfbare Therapieziele, sowie eine realistische Vorgabe zu dem hierfür angedachten Therapiekontingent.

Diese Informationen sollten regelmäßig von den Heilmittelerbringern, in Form des Therapieberichtes (alle 10 Einheiten), an uns übermittelt werden. Ohne einen aussagekräftigen Therapiebericht ist ebenfalls keine Folgeverordnung möglich.

Erstellung der Folgeverordnung:

Eine Heilmittelverordnung ist 4 Wochen (vom Zeitpunkt der Ausstellung, bis zum ersten Heilmitteltermin der Verordnung) gültig. 

Kontaktieren Sie uns daher bitte frühzeitig zur Erstellung einer Folgeverordnung des Heilmittels (am besten per Mail bereits vor der letzten Therapieeinheit der laufenden Heilmittelverordnung) und beachten Sie oben genannte Voraussetzungen.

Wir benötigen ca. 2 - 4 Werktage zur Prüfung Ihrer Anfrage und Erstellung einer entsprechenden Folgeverordnung. Im Anschluss informieren wir Sie, dass die Verordnung für Sie bereit liegt. 

Erreichen des vorher vereinbarten oder des orientierenden Behandlungsvolumens

Wenn Sie von uns Heilmittelverordnungen zur Therapie einer Entwicklungsproblematik Ihres Kindes erhalten haben, wird immer auch ein Therapiekontingent definiert.

Entweder handelt es sich um das vom Gesetzgeber definierte "orientierenden Behandlungsvolumen" für die bei Ihrem Kind diagnostizierte Entwicklungsabweichung oder aber um ein vorher vereinbartes bzw. von extern vorgegebenes Therapievolumen.

Sollten Sie als Eltern oder der Heilmittelerbringer (Praxis für Logopädie, Ergotherapie oder Physiotherapie) einen weiterführenden Behandlungsbedarf sehen, bitten wir Sie um eine rechtzeitige Terminvereinbarung in einer für die entsprechende Entwicklungsabweichungen spezialisierten Institution:

Logopädieverordnung

--> in einer sog. „Pädaudiologie" (spezialisierte HNO-Praxis, z.B. in Hamburg)
 

Ergotherapieverordnung

--> nach Rücksprache mit uns in einer Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie oder ggf. in einem Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) 

Physiotherapie

--> nach Rücksprache mit uns, entweder bei einem "Kinderorthopäden" oder einem Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ).

 

Erst nach Mitbeurteilung einer hierauf spezialisierten Institution erfolgt eine weitergehende Kostenübernahme der Förderung über Ihrer Krankenkasse. Eine für die Mitbeurteilung ggf. notwendige Überweisung sowie ggf. auch die entsprechenden Kontaktdaten der regionalen AnsprechpartnerInnen können Sie gerne bei uns abfragen.

 

Therapie ausserhalb der Heilmittelpraxis

Die häufig geforderten und oder gewünschten Therapien im Kindergarten/Schule stehen den oben erwähnten Grundlagenbedingung des aktiven Mitwirkens der Eltern fast vollständig entgegen.

Aus diesem Grund werden Therapien (Ergo-, Logo- oder Physiotherapie) im Kindergarten von uns (mit ganz wenigen Ausnahmen wie z.B. bei behinderten Kindern mit ganztägiger Betreuung in Fördereinrichtungen) nicht mehr verordnet.

Ein Hausbesuch (Aufsuchen des Patienten durch den Therapeuten) darf nur verordnet werden, wenn ein Besuch der Heilmittelpraxis aus medizinischen Gründen nicht erfolgen kann. Die Behandlung in einer Einrichtung (z. B. tagesstrukturierende Fördereinrichtung, Kindergarten, etc.) allein ist keine Begründung für die Verordnung eines Hausbesuchs.

Eine Therapie darf nur ausnahmsweise außerhalb der Heilmittelpraxis erfolgen, wenn eine besondere Schwere und Langfristigkeit der funktionellen/strukturellen Schädigungen das Kind besteht und dieses ganztägig in einer Fördereinrichtung untergebracht ist. Ein Integrationsstatus und der Besuch eines Kindergartens (auch eines Sprachheilkindergartens) ist hiermit nicht gemeint.

Wir hoffen, Ihnen einen Überblick über die nicht immer ganz übersichtlichen Abläufe in Bezug auf Heilmittel gegeben zu haben. Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Rafael Grühn-Reichelt & Praxisteam

 

 

 

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