ADHS
ADHS ist eine neurobiologische Störung, welche durch erhebliche Beeinträchtigungen der Konzentration und Daueraufmerksamkeit, Störungen der Impulskontrolle sowie fakultativ motorischer Hyperaktivität bzw. Unruhe gekennzeichnet ist. Vor allem eine unbehandelte ADHS kann störendes Verhalten in Schule, Familie und Freizeit, starke Verträumtheit, Entwicklungs- und Lernstörungen, in einigen Fällen auch delinquentes Verhalten und später auch Drogensucht, Depressionen, Angststörungen und andere Beziehungs- oder Verhaltensstörungen hervorrufen. ADHS ist ein Problem, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Allerdings werden die Zahlen der in Deutschland durchgeführten Behandlungen dem Stellenwert der ADHS nicht gerecht. Dies gilt sowohl für die nicht-medikamentösen als auch die medikamentösen Therapien. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. Neben ideologischen Bedenken spielen Unaufgeklärtheit, Unerfahrenheit sowie die diagnostische Problematik auf diesem Gebiet die größte Rolle. |
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Hinweise für Eltern
ADHS ist eine Erkrankung und kein "Produkt" unser vermeintlich unruhigen oder gar "kinderfeindlichen" Zeiten. Bereits aus dem 19. Jh. liegen zahlreiche wissenschaftliche Berichte vor, und in dem berühmten Kinderbuch "Stuwwelpeter" finden wir mit dem Hans-Guck-in-die-Luft, dem Zappelphilipp und dem zündelnden Paulinchen anschauliche und verständliche Beschreibungen solcher Kinder. Die Kinder handeln impulsiv ohne zu denken, sind unruhig, ungeduldig und leicht ablenkbar. Sie haben Schwierigkeiten sitzen zu bleiben, zu warten und zuzuhören. Sie verlieren und vergessen häufig Dinge und haben öfter Unfälle, weil sie Gefahren schlecht einschätzen können. Wenn diese Störungen sich über ein langen Zeitraum häufen, die Probleme in Kindergarten, Schule und zuhause zunehmen, sollte ein erfahrener Kinder- und Jugendarzt oder ein Kinder- und Jugendpsychiater zu Rate gezogen werden. Denn nur sie können abklären, ob es sich um ADHS oder eine andere körperliche oder seelische Erkrankung handelt.
Ungefähr 4 Prozent aller Kinder leiden an ADHS, der Schweregrad der Erkrankung kann dabei sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Jungen sind um ein Mehrfaches häufiger betroffen als Mädchen. Auch wenn die Erkrankung in erster Linie bei Schulkindern zum ersten Mal festgestellt wird, tritt sie in der Regel schon früher auf. Es können auch Jugendliche und sogar Erwachsene an einer ADHS leiden. Folgende Symptome gelten bei Kindern als Warnzeichen und sind alle oder einzeln über einen Zeitraum von mehreren Monaten vorhanden:
Das Kind ist impulsiv (handelt ohne zu denken), erscheint ungeduldig und unruhig,ist leicht ablenkbar und unkonzentriert,ist ständig in „hektischer“ Bewegung, läuft ungerichtet hin und her, kann nur selten ruhig an einem Platz sitzen bleiben, ist unaufmerksam, scheint oft nicht zuzuhören, befolgt Anweisungen der Eltern und Lehrer oft nicht und scheint diese nicht verstanden zu haben, beendet angefangene Dinge (Spiele, Aufgaben) oft nicht, macht viele Leichtsinnsfehler,hat Schwierigkeiten, sich beim Spielen leise zu verhalten, kann in Gruppensituationen oft nicht abwarten, bis es an die Reihe kommt, redet häufig dazwischen, auch im Unterricht, wird in der Schule häufig wegen seines Verhaltens getadelt oder bestraft, hat Schwierigkeiten, ordentlich zu schreiben, stört andere Kinder beim Spiel, hat Schwierigkeiten, Freundschaften aufzubauen und zu pflegen, verliert und vergißt häufig Dinge, macht viele Dinge kaputt, hat häufig Unfälle mit dem Roller, dem Fahrrad etc., beteiligt sich an gefährlichen Aktivitäten, ohne dabei Angst zu zeigen.
Zusammengefaßt zeigen diese Kinder also Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit, der Impulskontrolle (handeln ohne zu denken) sowie eine starke Bewegungsunruhe.
Eine definitive Ursache der ADHS konnte trotz intensiver Forschungsbemühungen noch nicht ermittelt werden. Als gesichert gilt, daß Erbfaktoren eine Rolle spielen. ADHS-Kinder haben ungefähr viermal häufiger hyperkinetische Geschwister, Eltern oder andere Verwandte. Die allermeisten Forscher stimmen darin überein, daß es sich um eine biologisch verursachte Erkrankung handelt, bei der chemische Abläufe im Gehirn gestört sind. Auch scheinen Schädigungen der Kinder während der Schwangerschaft mit Nikotin oder Alkohol bei einem Teil der Betroffenen mit beteiligt zu sein. Allergien oder Nahrungsbestandteile (z.B. Phosphat) werden besonders in der Laienpresse immer wieder als verantwortliche Ursache der ADHS dargestellt, dies konnte aber in wissenschaftlichen Untersuchungen nicht bestätigt werden. Eine fehlerhafte Erziehung kann keinesfalls ein hyperkinetisches Syndrom verursachen, wohl aber dessen Symptome verstärken.
Sollte sich bei einem Kind der Verdacht auf ADHS ergeben, sollten die Eltern den Hausarzt bitten, ihr Kind an einen Kinder- und Jugendpsychiater oder ADHS-erfahrenen Kinderarzt zu überweisen. Dieser führt die erforderlichen Untersuchungen durch und kann die exakte Diagnose einer ADHS stellen sowie ggf. eine Behandlung einleiten. Gründliche körperliche, neurologische und kinderpsychiatrische Untersuchungen sind sehr wichtig, da auch körperliche oder andere seelische Erkrankungen ein hyperkinetisches Syndrom vorgaukeln können.
Die Therapie erfolgt in der Regel mit Medikamenten (siehe Information: Medikamentöse Behandlung der ADHS), die in Kombination mit der Beratung von Eltern und Lehrern und psychotherapeutischen Maßnahmen bei den Kindern ausgezeichnete Behandlungserfolge aufweist. Um weitere Störungen zu verhindern (siehe unten), müssen die Kinder rechtzeitig in Behandlung kommen. Die Eltern können vom Arzt erlernen, besser die Probleme ihrer Kinder zu erkennen und mit ihnen umzugehen. Auch die Lehrer sollten Hilfestellungen vom Arzt und den Eltern erhalten, um sich optimal auf die Besonderheiten dieser Kinder einzustellen. Von großer Wichtigkeit ist es daher, dass Kinder, Eltern und Lehrer über die Erkrankung aufgeklärt sind.
Werden die Patienten nicht angemessen behandelt, kommen meist noch weitere Störungen hinzu. Die Kinder fallen auch bei guter Begabung in den Schulleistungen ab, sind aufgrund ihrer ständigen Mißerfolge wenig selbstbewußt, traurig verstimmt oder auch aggressiv. Bei den Klassenkameraden sind sie häufig aufgrund ihres Verhaltens unbeliebt oder sogar gefürchtet. Nicht selten resultiert aus den krankhaften Verhaltensauffälligkeiten ein Teufelskreis: die Kinder haben gelernt, daß sie ihre Lage kaum verbessern können, auch wenn sie sich anstrengen. Hieraus kann sich eine Mißerfolgsorientierung ergeben, die sich in völliger Leistungsverweigerung und trotzigem Verhalten äußert. |
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Hinweise für Lehrer
Kinder und Jugendliche mit ADHS sind eine Herausforderung für den Pädagogen! Und mancher Pädagoge sieht sich durch diese Kinder um seinen Berufserfolg gebracht, weil sie dafür sorgen, dass man an den eigenen Fähigkeiten zu zweifeln beginnt. Deshalb ist es so wichtig zu wissen, wo die Schwierigkeiten von ADHS Kindern liegen. Es sind keine unerzogenen, bösen Kinder, sondern sie haben eine Entwicklungsstörung der Selbstkontrolle durch fehlerhafte Abläufe in der chemischen Informationsverarbeitung des Gehirns. Wegen ihrer Aufmerksamkeitsschwäche benötigen sie einen sehr strukturierten Unterricht, den sie "wie auf Schienen" bewältigen können. Mit Blickkontakt und persönlicher Ansprache erreichen sie bessere Aufmerksamkeitslenkung und mit "liebevoller Sturheit" helfen sie ihm, aus dem eigenen Chaos herauszukommen. Es braucht klare Anweisungen, angekündigte Aufgaben müssen eingefordert und kontrolliert werden. Lassen sie sich nicht provozieren - auch wenn das Kind genau weiß, wo der "Auslöseknopf" dafür ist - stellen sie das Kind oder den Jugendlichen aber auch nicht vor den anderen bloß. Und seien sie gerecht in dem Wissen um die Schwierigkeiten dieser Kinder und Jugendlichen. Dann werden sie zum echten "Superreiz", der zu einem enormen Motivationsschub führt - das Kind arbeitet für den Lehrer - und das Störungspotential baut sich ab. |
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Die medikamentöse Behandlung
Bei ADHS handelt es sich nach unserem heutigen Wissen um eine Erkrankung mit biologischen Ursachen, die mit Störungen im Bereich der chemischen Überträgerstoffe des Gehirns zu tun haben. Wenn die sorgfältige Untersuchung und ausführliche Befunderhebung die Diagnose eines ADHS ergibt, erfolgt in der Regel eine Kombination von medikamentöser Therapie, Psychotherapie und eine Beratung des Patienten, seiner Eltern und Lehrer. Seit über 60 Jahren werden erfolgreich Stimulantien in der Behandlung dieser Krankheit eingesetzt. Trotz umfangreicher wissenschaftlicher Studien, die die Wirksamkeit und die gute Verträglichkeit bei korrekter Anwendung belegen, herrschen noch immer Vorurteile gegen die medikamentöse Behandlung.
Unter Stimulantientherapie - die immer individuell eingestellt werden muss - wird die Aufmerksamkeit erhöht, die Ausdauer verbessert und die Betroffenen sind dann in der Lage, ihr Verhalten besser zu organisieren, adäquat mit der Umwelt in Kontakt zu treten und altersentsprechende Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Stimulantien sind keine "Intelligenzmittel" und sie heilen ADHS nicht, aber sie sorgen dafür, dass Kinder und Jugendliche sich besser steuern und ihre Resourcen nutzen können.
Die Dosierung erfolgt immer individuell sowohl in der Höhe der Einzeldosis als auch in Abstand und Häufigkeit der Wiederholungsdosen. Um die entsprechende Dosis zu finden, wird langsam gesteigert. Hilfreich ist dabei ein Tagebuch, das Eltern zur Beobachtung regelmäßig führen. Die Verträglichkeit ist im allgemeinen gut, Nebenwirkungen sind meist nur kurzzeitig und gering. Am häufigsten sind Appetitminderung und Einschlafstörungen. Auch wenn Kinder unter Stimulantientherapie gelegentlich langsamer wachsen, hat das keinen Einfluss auf die Endgrösse. Unspezifische kurzfristige Nebenwirkungen können Übelkeit, Magenschmerzen, Kopfschmerzen und Benommenheit sein.
Zwar werden Stimulantien über ein sogenanntes Betäubungsmittelrezept verordnet, um jeden Missbrauch zu vermeiden, dennoch ist inzwischen eindeutig nachgewiesen, dass sie Kinder, die eine ADHS haben, nicht süchtig machen. Sie vermindern sogar das Risiko einer späteren Suchtentwicklung. Die medikamentöse Therapie muss immer in ärztlicher Hand bleiben und regelmäßig kontrolliert werden. Selbständige Änderungen - ohne Rücksprache mit dem Arzt - sollten unterbleiben. Unter diesen Prämissen ist die medikamentöse Therapie mit Stimulantien bei ADHS sicher und außerordentlich hilfreich.
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